Ethik und Moral

Ethik und Moral scheinen zunächst als zwei Begriffe für dieselbe Thematik. Tatsächlich sind sie jedoch genauso unterschiedlich, wie eng verwandt. Ein nackter Körper ist z.B. ethisch vollkommen unbedenklich, wird jedoch moralisch verurteilt und sogar als „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ strafrechtlich verfolgt. Und in Deutschland wurden homosexuelle Männer noch bis 1969 wegen §175 inhaftiert.

Ethik

basiert auf grundsätzlichen Werten

Ethik beruht auf vorurteilsfreien Werten und einer philosophischen Betrachtung dessen, was kultivierten Werten entspricht oder ihnen widerspricht. Ethik deckt sich aber weder mit Recht, noch mit Moral. Es gibt vieles, was rechtlich erlaubt, aber ethisch äußerst verwerflich ist. Und es gibt viele moralische Regeln, die ethisch mehr als fragwürdig sind. Vor allem wird Ethik oft durch Moral und kulturelle Tradition negiert.

Um Ethik erkennen und entwickeln zu können, muss man seinen Geist auf positive Weise bilden und kultivieren. Weltoffenheit ist dabei ebenso wichtig wie ein bewusstes Reflektieren, das über das rein Weltliche hinaus geht. Doch gerade hier liegt auch eine Gefahr, wenn Religionen diesen sich erweiternden Geist beeinflussen. Das ist dann das Einfallstor für verdrehte, moralische Traditionen. Und deswegen sind klare Werte wichtig, über die wir uns immer wieder auf das Wesen der Ethik zurückbesinnen können. Humanität und unveräußerlichen Menschenrechten bilden hier eine gute Basis.

Was unmenschlich ist oder nicht für alle Menschen gleichermaßen gilt, kann nicht ethisch korrekt sein. Und nein, es gibt keine rechtfertigenden Ausnahmen. Auch hier muss abgewogen werden, wie im Recht, welche Werte und ethische Regeln überwiegen, ohne die Ethik an sich zu verletzen.

Europa hat kein ethisches Recht zu mauern und Flüchtlinge wie zweitklassige Menschen zu behandeln, nur um seinen privilegierten Status zu erhalten. Damit verletzten wir auch uns selbst, denn sobald wir unser Leben auf dem Leid anderer aufbauen, werden wir von mitfühlenden Wesen zu egoistischen Unwesen.

Das ist auch ein Kern der Ethik, dass wir uns immer wieder bewusst machen, dass es keine zweierlei Ethiken für zweierlei Gruppen geben kann! Und dass wir keine zivilisierte Kultur sind, wenn wir unsere Ethik verletzen. Humanität und Menschenrechte zu schützen bedeutet deswegen auch immer, sich selbst zu schützen, weil wir eine Welt ohne Ethik nicht erleben möchten.

Moral

basiert auf ideologischen Werten

Moral beruht auf Werten, die aus einer kulturellen Tradition entstehen. Moral basiert damit viel mehr auf religiösen und politischen Ideologien, als auf ethischer Philosophie.

Moral ist viel zu oft nur ein Mittel, Menschen zu diskriminieren, zu unterdrücken und ihnen Gewalt bis zum Tod anzutun. Sie rechtfertigt auch Kriege und die Zerstörung von Umwelt und Klima. Weil sie Ethik einerseits künstlich verengt und anderseits oben erwähnte Ausnahmen in der Ethik erschafft.

Diese Doppelmoral trifft Frauen insbesondere und weltweit, auch in unserem Land. Mag sein, dass es dramatischere Beispiele gibt, aber Deutschland ist erschreckend weit davon entfernt, eine gleichberechtigte Gesellschaft zu sein. Und dann den moralischen Finger gegen Muslime zu erheben, ist auch schlicht verlogen.

Faschismus

Moral ist recht einfach, denn da muss man sich nur einer Strömung anschließen. Und im dogmatischen Extrem gibt es schlichte Regeln, was gut und böse sei, und schon steht das Urteil!

Faschismus wuchert überall dort, wo Moral missbraucht wird, um zweierlei Gruppen zu erschaffen und sie dann unterschiedlich zu behandeln. Und da geht es um viel mehr als um die typischen, rassistischen Muster. Die mögen schreckliche Extreme bilden, aber Faschismus zieht sich noch viel tiefer und häufiger durch unsere Denkmuster, also wir das annehmen mögen.

Geschlechtliche und sexuelle Diskriminierung mögen wir noch auf dem Schirm haben, aber was rechtfertigt denn bitte, Menschen mit einem Zehntel des Einkommens abzuspeisen, nur weil ihr Beruf zum „Billiglohnsektor“ erklärt wurde? Wie kann man Worte, wie „prekäres Arbeitsverhältnis“ oder „soziale Schicht“ nur in den Mund nehmen und damit gesellschaftlich auch noch durchkommen? Und genau das ist Faschismus, denn so etwas funktioniert in unserer Gesellschaft deswegen so offen und ungeniert, weil wir mehrheitlich bereit sind, jegliche Ethik zu übergehen.

Deswegen ist es sehr wichtig, jegliche Moral immer und immer wieder ethisch zu überprüfen. Und Ungerechtigkeit und Faschismus eine entsprechend starke Ethik als Medizin entgegen zu setzten.

Menschlichkeit

Menschlichkeit ist wichtig, vor allem auch, dass wir uns keine unmenschlichen Extreme abverlangen. Alles hat auch ein gesundes Limit, ab dem gute Absicht sich zur Gewalt umkehrt. Und der beste Schutz, ein Gleichgewicht zwischen ethischer Notwendigkeit und menschlichem Spielraum, ist ein gemeinschaftliches Miteinander. Ein Miteinander, das dafür sorgt, dass es für den Einzelne:n erst gar nicht zu eng wird.

Das begrenzt sich auch nicht nur auf die Menschheit und menschliche Bedürfnisse. Es gibt keine Ethik ohne den Blick aufs Ganze. Und auch hier gilt, wer zweierlei ethische Maßstäbe an Mensch und den Rest des Seins anlegt, handelt nicht ethisch.

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Sexualität

Geschlechter und Nacktheit

Sexualität und natürliche Körperlichkeit werden immer noch mittelalterlich verteufelt. Als wenn der Anblick, vor allem einer nackten Frau, uns und unseren Kindern Schaden zufügen würde. Und wenn sich dann auch noch queere Menschen mit ihrer Geschlechtlichkeit differenziert auseinandersetzten, fällt am Ende noch jegliche Sinnhaftigkeit geschlechtlicher Dominanzen? Auf jeden Fall widerspricht es dem AfD-Parteiprogramm! Und sieht man mal ganz genau hin, sind sich Nazis und Religionen in ihrem Hass erschreckend ähnlich. Oder ist das etwa Zufall, dass Nazis und Kirchen Homosexualität gleichermaßen diskriminieren? Was mich anbelangt, habe ich jedenfalls keinen Bedarf an solchen faschistischen Dogmen, die nur ein Ziel haben: Menschen in Gruppen zu spalten, von der eine gut und die andere abzulehnen sei. Und wenn ich dann so etwas höre, wie „Ich habe nichts gegen Homosexuelle, aber es ist unnatürlich!“. Also was jetzt? Entweder habe ich nichts gegen jemande:n, oder ich deformiere ihn aufs Übelste als „wider der Natur“.

Nacktheit ist etwas Intimes, was in einem privaten oder öffentlichen, aber geschützten Raum gehört. Und auch hier stellt sich wieder mal die Frage, was tun wir dafür, unsere Gesellschaft insgesamt zu so einem geschützten Raum zu machen? Oder wird sexualisierte Gewalt weiter bagatellisiert? Denn für mich bedeutet eine Vergewaltigung, dass die Psyche des Vergewalti­gungs­opfers zerbrochen wird. Des Menschen, die Missbrauch und Vergewaltigung erfahren mussten, der Fähigkeit beraubt werden, eine freie, unbeschwerte Sexualität und Partnerschaft zu leben. Und wer einen anderen Menschen so traumatisiert, sollte eine Konsequenz erfahren, die direkt nach Mord kommt.

Auch das ist ein Beispiel für das Zusammenspiel von Ethik und Moral. Es ist ethisch nötig, Missbrauch und Vergewaltigung als Mord der Psyche zu werten und entsprechend zu ahnden. Zugleich ist es unmoralisch, Nacktheit oder ein sexy Outfit einer jungen Frau als eigenes Verschulden zu werten, wenn dann ein Neandertaler über sie herfällt. Und es ist ebenso unmoralisch, mittelalterliche Verirrungen zu Anstand und Sitten zu nähren, die eine freie Sexualität und Körperlichkeit diskriminieren. Denn genau diese krankhafte Einstellung zum Thema bereitet Missbrauch und Vergewaltigung den Nährboden.

Man sollte sich nicht leichtfertig dem Irrtum hingeben, die Burka sei das Symbol der Unterdrückung der Frau, ohne sich zugleich zu fragen, wieso die Unterdrückung der Frauen in unserer eigenen Kultur so konstant funktioniert? Unsichtbar, da ohne solche Symbolik, aber mit ebenso drastischen Folgen! In Deutschland wird immer noch jeden 2. Tag eine Frau von ihrem Mann umgebracht. Und es ist eine ethische Pflicht, das zu ändern und ein unmoralisches Verhalten nicht zu ändern, was immer dafür nötig ist. Wobei dieses beispielhafte Thema ja auch nur der Gipfel des Eisberges ist.

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